Die UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Zahnmedizin und Mundgesundheit hat im Wesentlichen drei Aufgaben zu erfĂŒllen: Die Versorgung unserer Patient*innen, Aus- und Weiterbildung der ZahnĂ€rzt*innen und Medizinstudierenden sowie die wissenschaftliche Forschung. Die Klinik ist in drei Klinische Abteilungen gegliedert und stellt unter anderem die Versorgung aller steirischen und teilweise auch burgenlĂ€ndischen und KĂ€rntner Patient*innen auf dem Gebiet der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde umfassend und auf höchstem Niveau sicher. DarĂŒber hinaus bietet die UniversitĂ€tsklinik mit der Klinischen Abteilung fĂŒr Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie die Behandlung komplexer Krankheitsbilder des Kopf-, Hals-, und Gesichtsbereichs auf dem neuesten Stand der Wissenschaft an. Die Klinische Abteilung fĂŒr Zahnerhaltung, Parodontologie und Zahnersatzkunde sowie die Klinische Abteilung fĂŒr Orale Chirurgie und KieferorthopĂ€die fĂŒhren ausschließlich Ambulanzen. Diese bieten ein neues patient*innenorientiertes Leitsystem.

Klinische Abteilungen

Zahnmedizinisches Röntgen

Radiologische Diagnostik mittels modernster digitaler 2D und 3D Röntgeneinrichtungen.

EingriffsrÀume

Ambulante oralchirurgische, parodontologische und implantologische Eingriffe werden von interdisziplinĂ€ren Teams in modernst ausgestatteten OP’s durchgefĂŒhrt.

Zahntechnisches Labor

Die Klinik verfĂŒgt ĂŒber ein eigenes zahntechnisches Labor, das eine umfangreiche Ausstattung von sowohl konventionellen als auch digitalen Technologien bietet - dazu gehören auch moderne 3D FrĂ€s- und Druckverfahren. Das Labor ist auch ein Lehrbetrieb und bildet zahntechnischen Nachwuchs aus.

Fotolabor

Die Fotodokumentation unserer Patient*innenbehandlungen wird durch ein eigenes Fotolabor professionell unterstĂŒtzt.

PhantomrÀume

FĂŒr die zahnmedizinische Aus- und Weiterbildung verfĂŒgt die Klinik ĂŒber modernst ausgestattete Phantom-/ÜbungsrĂ€ume.

Unsere Standorte

Die UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Zahnmedizin und Mundgesundheit ist auf zwei Standorte aufgeteilt. Das HauptgebĂ€ude befindet sich zwischen dem GelĂ€nde des LKH-Univ. Klinikum und dem Campus der MedizinuniversitĂ€t. Die Klinische Abteilung fĂŒr Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie befindet sich im GebĂ€ude der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Chirurgie (Auenbruggerplatz 5). Die AmbulanzrĂ€umlichkeiten sind im ersten Stock zu finden, die Bettenstation findet sich im zweiten Stock.

Das HauptgebĂ€ude ist mit der Straßenbahnhaltestelle und dem nahen Parkhaus ideal ans öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Über eine BrĂŒcke ist eine direkte Verbindung zum LKH-GelĂ€nde eingerichtet. Die "Schmetterlingswiese" bietet ĂŒberdachte SitzplĂ€tze, ĂŒberdachte FahrradabstellplĂ€tze, einen Infopoint und GetrĂ€nkeautomaten mit Erfrischungen. SelbstverstĂ€ndlich ist auch eine Haltestelle fĂŒr den Klinikbus vorhanden.

ZurĂŒck zur Geschichte

Paulustorgasse 8, um 1900 | ©Norbert Weiss, Das Grazer UniversitÀts-Klinikum. Eine JubilÀumsgeschichte in hundert Bildern (Graz 2013) 23, 27, 69

Erste Vorlesungen zur Zahnheilkunde

In Graz gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts keine MedizinfakultĂ€t. Im Allgemeinen Krankenhaus in der Paulustorgasse 8 bestand jedoch eine medizinisch-chirurgische Lehranstalt zur Ausbildung von WundĂ€rzten. Der Wund- und Zahnarzt Franz Xaver Brunn (1818–1886), selbst ausgebildet in Pest und Wien, hielt hier von 1857 bis 1859 erstmalig Vorlesungen zur Zahnheilkunde. 1856 war er in Graz zum Doktor der Philosophie (nicht der Medizin) promoviert worden und galt gleichzeitig als „der angesehenste Zahnarzt in der steirischen Hauptstadt“. Folgerichtig wurde er zum ersten Dozenten der Zahnheilkunde an die Grazer Lehranstalt berufen.

Zahnheilkunde an der MedizinfakultÀt

Die GrĂŒndung der Grazer MedizinfakultĂ€t (1863) veranlasste eine Neuregelung des Unterrichts der Zahnheilkunde. Mit Dr. Valentin Leopold Tanzer (1824–1883) wurde ein Mediziner zum neuen Dozenten fĂŒr Zahnheilkunde berufen. Er stammte aus Krain, hatte in Graz eine Wundarztlehre und in Wien ein Medizinstudium absolviert und danach als Badearzt im nordkroatischen Heilbad Krapina gearbeitet. 1865 eröffnete er seine Zahnarztpraxis in Graz, habilitierte sich im Jahr darauf an der hiesigen UniversitĂ€t als Dozent fĂŒr Zahnheilkunde und begann seine Vorlesungen im selben Jahr im chirurgischen Hörsaal in der Paulustorgasse 8.

Zahninstitut am Bischofplatz

Dr. Anton Bleichsteiner (1847–1907) war der zweite UniversitĂ€tsdozent fĂŒr Zahnheilkunde in Graz. Bald nachdem er sich hier habilitiert hatte (1884), begann die Diskussion fĂŒr einen Krankenhausneubau. Ein erstes Generalprojekt sah einen Pavillon fĂŒr eine „Dentistische Klinik“ vor, welcher in der nĂ€chsten Planungsphase jedoch aus KostengrĂŒnden wieder eingespart wurde. 1901 machte das Ministerium die Einrichtung eines Zahninstituts im Krankenhausneubau schließlich zur Bedingung einer Erhöhung seiner dringend notwendigen Beitragserhöhung. Als die Zahnheilkunde 1903 zum obligaten medizinischen Lehrgegenstand wurde, hatte. der Krankenhausneubau noch nicht begonnen. Daher richtete man ein vorlĂ€ufiges Institut im zweiten Stock des Hauses Bischofplatz 1 ein (eröffnet 1904).

Planzeichnung, 1904

Der erste Plombiersaal in Graz

Der Plombiersaal im Eckzimmer im zweiten Stock des Hauses Bischofplatz 1 war so eingerichtet, dass vor jedem der fĂŒnf Fenster ein Behandlungsstuhl Platz fand. LĂ€ngs der Hausfront am Bischofplatz schloss der Hörsaal an. Hier gab es einen Behandlungsstuhl zu Demonstrationszwecken und sechs Tischchen mit Phantomen zur Übung mit Bohrmaschinen. Der nĂ€chste Raum war als technisches Labor mit GerĂ€ten zur Herstellung von Zahnersatz eingerichtet. Hinter Hörsaal und Labor lagen zum Hof hin zwei Zimmer fĂŒr den Professor und seinen Assistenten. Im GebĂ€udeflĂŒgel in der Bindergasse gab es jenseits des Warteraumes noch ein SpĂŒlzimmer und ein Extraktionszimmer mit Behandlungsstuhl, Sterilisierapparat und Ruhebett.

Über Peking nach Graz: Zahninstitut im Krankenhausneubau

Bereits schwer magenleidend, engagierte sich Professor Bleichsteiner († 1907) am Ende seines Lebens fĂŒr den Bau des Zahninstituts im Krankenhausneubau am Beginn der Riesstraße. Es erhielt einen separaten Pavillon, errichtet als einer der ersten Hochbauten 1906 bis 1908. Ebenerdig wurden das Ambulatorium, ein technisches Arbeitszimmer und die Assistentenwohnung eingerichtet. Im zentralen Stockwerksaufbau war Platz fĂŒr einen Hörsaal fĂŒr dreißig Hörer, ein Labor und das Professorenzimmer. 1907 wurde Franz Trauner zu Bleichsteiners Nachfolger nach Graz berufen. Der gebĂŒrtige Linzer hatte in Graz studiert und 1899 eine Tochter des österreichischen ZahnĂ€rztevereinsprĂ€sidenten Johann Pichler geheiratet. Franz Trauner war als Schiffsarzt bis Peking unterwegs. Arthur von Rosthorn, ein Verwandter seiner Schwiegermutter, leitete dort die österreichische Botschaft, sein Bruder Alfons von Rosthorn gleichzeitig die Grazer Frauenklinik.

Baustelle, 1927 | ©Sammlung Dr. Bernd Mader, Graz

Österreichs erste Zahnklinik mit Kieferstation

Professor Trauners Schwager Dr. Johann Pichler leitete die zu Kriegsbeginn 1914 in Wien gegrĂŒndete Kieferstation. In Graz wurden im selben Jahr ĂŒber zweihundert kieferverletzte Soldaten im Rotkreuzspital am Leechwald (heute die psychiatrische Klinik) untergebracht. Viele von ihnen wurden am Zahninstitut von Professor Trauner operiert und erhielten ebenda angefertigte kĂŒnstliche Gebisse und Gaumenplatten. Professor Trauner betrachtete es als unvorteilhaft, als nach Kriegsende die Kieferstation in den medizinischen Pavillon verlegt wurde, und nahm eine Ministerialverordnung fĂŒr die Zahnarztausbildung (1925) zum Anlass, einen Ausbau des Zahninstituts (mit Kieferstation) zu beantragen. Dieser Ausbau wurde an Professor Trauners sechzigstem Geburtstag (24. Juni 1927) offiziell eröffnet und erhielt zwei Jahre spĂ€ter die Bezeichnung UniversitĂ€tszahnklinik.

BehandlungsrÀume

Der Ausbau zur Zahnklinik fĂŒhrte 1927 zur zweiten Aufstockung des Zahnpavillons und zur VerlĂ€ngerung seines ebenerdigen Plombiersaales. Ein septischer Operationssaal wurde im Parterre und ein aseptischer Operationssaal im ersten Stock eingerichtet. Als erstes österreichisches Zahninstitut erhielt jenes in Graz eine eigene Kieferstation. Diese landschaftliche Abteilung umfasste eine MĂ€nnerstation mit zehn Betten im ersten und eine Frauenstation mit sechs Betten im zweiten Stock.

UnterrichtsrÀume

Der Ausbau zur Zahnklinik fĂŒhrte 1927 zur Verdoppelung der HörsaalkapazitĂ€t (fĂŒr sechzig statt dreißig Hörer). GemĂ€ĂŸ der neuen Ministerialverordnung fĂŒr die Zahnarztausbildung (1925) wurden außerdem spezielle ArbeitsplĂ€tze fĂŒr konservierende Zahnheilkunde (20) und fĂŒr Zahnersatzkunde (3) sowie ein neues technisches Labor (10 ArbeitsplĂ€tze) eingerichtet.

Technische Ausstattung

Der Ausbau zur Zahnklinik fĂŒhrte 1927 zum Umbau der bisherigen Assistentenwohnung im Parterre in ein Röntgenzimmer mit Dunkelkammer. Die Erweiterung des Pavillons schuf außerdem Platz fĂŒr zwei wissenschaftliche Laboratorien, ein Arbeitszimmer fĂŒr Orthodontie und ein Badezimmer.

KlinikvorstÀnde um die Mitte des 20. Jahrhunderts

Professor Franz Trauner trat mit Vollendung seines siebzigsten Lebensjahres 1937 in den Ruhestand. In der nationalsozialistischen Zeit kam es zur Entlassung des Supplenten Dozent Alois Grabner (1937/38), zur kurzfristigen Supplentur von Dr. Viktor Stephanides (1938/39) und zur Berufung von Professor Hermann Mathis (Vorstand 1939–1946), der sich 1936 an der Wiener Kieferstation von Professor Johann Pichler habilitiert hatte. Nach dem Kriegsende supplierte 1946 bis 1947 der in Graz habilitierte Professor Erich Paumgarten-Hohenschwangau-Erbach, der damals sein siebzigstes Lebensjahr erreichte, die Klinik. Ihm folgte Franz Trauners Sohn Professor Richard Trauner (Vorstand 1947–1971). Dieser hatte sich 1940 ebenfalls bei Professor Pichler in Wien habilitiert und danach mit ihm gemeinsam das Lehrbuch „Pichler-Trauner“ verfasst.

Nordostansicht, um 1985

Erweiterungen nach dem Kriegsende

So wie nach dem Ersten Weltkrieg sein Vater, setzte sich Professor Richard Trauner nach dem Zweiten Weltkrieg fĂŒr eine bauliche Erweiterung der Zahnklinik ein. Aufgrund seiner Initiative kam es 1952 bis 1954 zur Aufstockung der SeitenflĂŒgel, so dass das GebĂ€ude von da an zwei durchgehende Obergeschoße besaß. Die arge Raumnot war damit vorerst beseitigt, doch eine Generation spĂ€ter sah sich sein Nachfolger Professor Dr. Heinrich Köle (Vorstand 1971–1989) wieder mit einer Ă€hnlichen Problematik konfrontiert. Das Areal Stiftingtalstraße 30 wurde 1974 fĂŒr einen Neubau erworben. Wegen FinanzierungsmĂ€ngeln wurde jedoch 1975 daraus bloß ein Krankenhausparkplatz. Die Kieferstation kam 1976 in den Chirurgieblock, die konservierende Abteilung 1981 in den Augenklinikpavillon. Zuletzt wurde der Zahnklinikpavillon in Containerbauweise erweitert.

Klinikneubau | ©Martin GrÀssl / LKH-Univ. Klinikum Graz

Klinikneubau in der Billrothgasse 4

Die EinfĂŒhrung des Zahnmedizinstudiums an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert veranlasste den 2013 begonnenen und 2015 fertiggestellten Neubau der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Zahnmedizin und Mundgesundheit in der Billrothgasse 4 nach PlĂ€nen von Ernst Giselbrecht.

Dr. Norbert Weiss, em. Unternehmenshistoriker der SteiermÀrkischen Krankenanstaltengesellschaft