UniversitÀres CCC-Subzentrum Molekulare Onkologie
Univ.-Prof. Dr. Philipp Jost
Im Rahmen des UniversitĂ€ren Comprehensive Cancer Centers Graz (kurz Univ. CCC Graz) bieten Expert*innen im Univ. CCC-Subzentrum Molekulare Onkologie eine erweiterte molekulare Diagnostik inkl. einer Interpretation der Ergebnisse fĂŒr Tumorerkrankungen an.
Unser Zentrum ist bestrebt, die interdisziplinĂ€re Zusammenarbeit zwischen dem LKH-Univ. Klinikum Graz und der Medizinischen UniversitĂ€t Graz voranzutreiben, um unseren Patient*innen eine personalisierte und umfassende Krebsversorgung zu bieten. Unsere Forschungsinitiativen im Bereich der PrĂ€zisionsmedizin zielen darauf ab, die Möglichkeiten der Vorbeugung und FrĂŒherkennung zu erweitern, eine personalisierte Behandlung zu entwickeln und die Ăberlebensrate zu erhöhen, um die Belastung durch Krebs fĂŒr unsere Patient*innen und unsere Gesellschaft zu verringern.
Unsere Aufgaben sind:
- Ausweitung des Zugangs zur multidisziplinĂ€ren Krebsversorgung in Ăsterreich
- effiziente Nutzung von Ressourcen, um Unter- oder Ăbertests zu reduzieren
- UnterstĂŒtzung und Förderung von Forschungsprojekten in der Onkologie
- Umsetzung von Forschungsergebnissen in anwendbare klinische Lösungen
- Förderung von Forschung und Lehre ĂŒber translationale AnsĂ€tze an der Medizinischen UniversitĂ€t Graz in allen Phasen der Ausbildung
Ziele des Subzentrums Molekulare Onkologie
Das wachsende VerstÀndnis der Krebsbiologie zeigt, dass die Klassifizierung von Tumoren nicht auf die anatomische Lage und die mikroskopische Beurteilung beschrÀnkt ist. Krebserkrankungen aus demselben Körperteil, die unter dem Mikroskop Àhnlich aussehen, sprechen hÀufig unterschiedlich auf Therapien an.
Dieses unterschiedliche Ansprechen auf die Behandlung ist auf die individuelle Beschaffenheit eines jeden Tumors zurĂŒckzufĂŒhren. Aus diesem Grund geht das Subzentrum Molekulare Onkologie davon aus, dass jede Krebserkrankung eines*einer Patient*in einzigartig ist. Dies erfordert die Identifizierung von treibenden und resistenzbezogenen VerĂ€nderungen, die fĂŒr einen bestimmten Tumor charakteristisch sind.
Das Subzentrum setzt eine ganze Reihe von Spezialist*innen ein, um den Krebs aus allen Blickwinkeln zu untersuchen und so den optimalen, personalisierten Behandlungsplan zu erstellen. Das Fachwissen ermöglicht die klinische Umsetzung gezielter Behandlungen, um die LebensqualitÀt der Patient*innen zu verbessern.
DarĂŒber hinaus beteiligen sich die Spezialist*innen an innovativen Forschungsprogrammen, die dazu beitragen, die PrĂ€zisionsmedizin durch eine kontinuierliche Entwicklung neuer Behandlungsstrategien stetig zu verbessern.
Genomgesteuerte Medizin als RĂŒckgrat neuer PrĂ€zisionsansĂ€tze
Das Humangenomprojekt, das erste groĂ angelegte Projekt der Biologie, das vor fast zwei Jahrzehnten offiziell abgeschlossen wurde, brachte die Sequenz des menschlichen Genoms hervor. Mit der Veröffentlichung der vollstĂ€ndigen Sequenz wurde nicht nur der Grundstein fĂŒr das VerstĂ€ndnis der genetischen Grundlagen von Gesundheit und der Pathologie menschlicher Krankheiten gelegt, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, verschiedene Krankheitsparadigmen neu zu definieren und damit die Art und Weise, wie wir ĂŒber Biologie und Medizin denken, grundlegend zu verĂ€ndern. Da Krebs zum Teil eine Erkrankung des Genoms ist, hat sich die Genomik zu einem zentralen Element der Krebsbehandlung entwickelt.
Die Next-generation Sequencing (NGS) Technologie hat die Zusammenstellung umfangreicher Krebsgenomik-Kompendien ermöglicht, was sowohl die Charakterisierung als auch die Kategorisierung einzelner Proben auf molekularer Ebene zur Identifizierung molekularer Subtypen ermöglicht. Diese BemĂŒhungen um eine breitere genomische Charakterisierung von Tumoren haben die Entwicklung neuartiger, wirksamer zielgerichteter Therapien beschleunigt, was wiederum die Verwendung molekularer Signaturen als Grundlage fĂŒr klinische Entscheidungen ermöglicht. In Verbindung mit steigender ZugĂ€nglichkeit und sinkender Kosten der Genomsequenzierung hat die Ăra der genomgesteuerten Onkologie begonnen, die die Identifizierung potenzieller therapeutischer Ziele, Verbesserungen bei der Krebsdiagnose und -prognose sowie die Ăberwachung des Krankheitsverlaufs ermöglicht. Breite und umfassende Analysen können nun parallel zu anderen traditionellen Assays verwendet werden, wodurch die Möglichkeiten der diagnostischen Tumorprofiling fĂŒr Onkolog*innen zur Umsetzung der personalisierten Medizin erweitert wurden.
Portfolio der Molekulardiagnostik
Die anfĂ€ngliche EinfĂŒhrung der klinischen Sequenzierung bestand in der Regel in der gezielten Analyse, d. h. der Erstellung von Profilen spezifischer Loci, von denen bekannt ist, dass sie klinische Relevanz haben und bei der Arzneimittelauswahl helfen, um Kosten zu sparen. Dieser Ansatz hat bei etwa 1 von 10 Patient*innen, die sich einer Multi-Gen-Sequenzierung unterzogen haben, dazu beigetragen, vielversprechende Gen-Wirkstoff-Ăbereinstimmungen zu ermitteln. Es ist jedoch ein zunehmender Ăbergang von gezielten "Hotspot"-Panels zu breiter angelegten AnsĂ€tzen wie der Comprehensive Genomic Profiling (CGP) oder der Whole-genome Sequencing (WGS) zu beobachten. Mit CGP können die vier Hauptklassen von GenomverĂ€nderungen, d. h. Basensubstitutionen, Insertionen und Deletionen, KopienzahlverĂ€nderungen und Rearrangements, in einem einzigen NGS-Assay nachgewiesen werden. Dies fĂŒhrt zu einer effizienteren Nutzung wertvoller klinischer Proben. GroĂe CGP-Panels ermöglichen den Nachweis zusĂ€tzlicher relevanter Immuntherapie-Biomarker wie Tumormutationslast (TMB) oder Tumormutationslast im Blut (bTMB) sowie Mikrosatellitenstatus (MS).
Folgende Verfahren kommen zur Erstellung von Tumorprofilen zur Anwendung, die sorgfĂ€ltig ausgewĂ€hlt werden, um die effizienteste und effektivste Teststrategie fĂŒr jede*n Patient*in zu finden:
Immunhistochemie (IHC)
- panTRK
- Mismatch-Repair-Status (MMR)
- Hormonrezeptor-Status (HER2/ER/PR)
- PD-L1
- Ki-67
Comprehensive Genomic Profiling (CGP) (von 17-500+ Genen)
- Tissue Panels
- Liquid Panels
Shallow Whole-Genome Sequencing (sWGS)
- Nachweis von somatischen KopienzahlverÀnderungen (SCNAs)
- SchÀtzung der Tumorfraktion
Panels fĂŒr Homologous Recombination Deficiency (HRD)
Das Molekulare Tumor Board (MTB)
Die wachsende und ĂŒberwĂ€ltigende Menge an genomischen Daten in Verbindung mit der zunehmenden Zahl an zielgerichteten Therapien stellt Onkolog*innen vor immer gröĂere Herausforderungen. Diese Informationsflut kann zu WissenslĂŒcken bei der Erkennung und Behandlung molekularer VerĂ€nderungen fĂŒhren, z. B. zu einer Ăber- oder Unteruntersuchung klinischer Proben und zu uneinheitlichen Behandlungsentscheidungen. Klinisches und technisches Fachwissen ist erforderlich, um klinische Daten (Anamnese, Tumortyp und Krankheitsstatus) mit komplexen Prozessen (z. B. Interpretation von Varianten, Bewertung des Ansprechens auf die Behandlung) in Verbindung zu setzen. Daraus ergibt sich die optimale, individuelle Therapieempfehlung fĂŒr den*die jeweilige*n Patient*in.
Das Konzept des molekularen Tumorboards (MTB) ist daher fĂŒr die Verarbeitung komplexer molekularer Informationen zu Therapiezwecken von hoher Wichtigkeit. Beim MTB stehen patient*innenspezifische Informationen im Mittelpunkt der Diskussion einer interdisziplinĂ€ren Gruppe aus Expert*innen der Onkologie, Pathologie, Molekularpathologie, klinischen und molekularen Genetiker*innen, diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, Bioinformatiker*innen und Koordinator*innen klinischer Studien.
Im Subzentrum besteht das Ziel des MTB darin, alle vorliegenden Daten kritisch zu bewerten, so dass verwertbare Informationen identifiziert und priorisiert werden können, um personalisierte Behandlungsentscheidungen zu treffen. Das interdisziplinÀre Team trifft sich wöchentlich, um Patient*innenfÀlle zu besprechen und einen systematischen Ansatz von der Fallauswahl bis zur Behandlung zu ermöglichen.
Strukturierter Ablauf
Um eine zeitnahe personalisierte Versorgung zu gewĂ€hrleisten, bearbeitet das Subzentrum Patient*innenfĂ€lle in einem strukturierten Arbeitsablauf. Kliniker*innen, die FĂ€lle zur Beurteilung dem MTB zuweisen möchten, geben ihren Fall ĂŒber open MEDOCS ein .
AT-OMICS: Real-world Datensammlung
Real-World-Daten (RWD) sind eine zunehmend wichtige Komponente fĂŒr das VerstĂ€ndnis der Ergebnisse von Patient*innen, die in der klinischen Routine behandelt werden. Wenn sie richtig eingesetzt werden, können RWD dazu beitragen, eine Reihe von Forschungsfragen ĂŒber das gesamte Krebskontinuum hinweg zu beantworten und neue translationale Erkenntnisse zu gewinnen.
Im Rahmen des Projekts AT-OMICS werden RWD gesammelt und analysiert, um den klinischen Nutzen der personalisierten molekularen Tumorprofilierung im klinischen Umfeld zu untersuchen und eine Reihe von Forschungsanwendungen zusÀtzlich zur Genomik zu ermöglichen. Hierunter fallen z. B. Transkriptomik, Metabolomik, Epigenetik und Fragmentomik. Diese AnsÀtze werden dazu dienen, neue prÀdiktive molekulare Biomarker zu ermitteln, die in Zukunft bei der auf molekularen Profilen basierenden Zuteilung von Behandlungen oder der Identifizierung von Behandlungsresistenzen helfen könnten.
Projekte dieser Art spiegeln das Engagement des Subzentrums wider, fĂŒr vielversprechende Erkenntnisse validierte klinische Verfahren zu entwickeln, um die beste QualitĂ€t der personalisierten Versorgung fĂŒr jeden zugewiesenen Patient*innen zu gewĂ€hrleisten.
Anmeldung zum Molekularen Tumorboard
Kriterien fĂŒr die Zuweisung von Patient*innen:
- nach Durchlaufen der Standardtherapieâ
- ohne erfolgsversprechende Therapieoptionenâ
- mit seltenen Tumorerkrankungen/ molekularpathologischen Profilâ
- mit ,,ungewöhnlichenâ klinischen VerlĂ€ufen (zb. âLong-term respondersâ, ârapid progressorsâ)â
- Voraussetzung: guter Allgemeinzustand (ECOG 0-1) & einer geschÀtzten Lebenserwartung von > 3 Monaten
Die Anmeldung ist einfach und problemlos möglich. Nehmen Sie Kontakt mit dem*der Koordinator*in des Tumorboards auf, um den Fall vorab zu besprechen.
Wir benötigen auch eine Zuweisung zur molekularen Fallkonferenz ĂŒber openMEDOCS, wo eine Anmeldemaske auszufĂŒllen ist. Bitte lassen Sie sich durch einen Anruf bei der IT Hotline fĂŒr die Zuweisung ĂŒber openMEDOCS freischalten.
ESR1-Testung bei metastasiertem Mammakarzinom
Wir bieten eine vorĂŒbergehend kostenlose ESR1 Testung (Projekt) im Rahmen des Molekularen Tumorboards fĂŒr alle Patient*innen mit metastasiertem Mammakarzinom, die fĂŒr eine Therapie mit Elacestrand in Frage kommen, an.
Schritte zur Testung:
- Melden Sie sich per E-Mail an: esr1@medunigraz.at und geben Sie folgende Informationen bekannt:
Name und Geburtsdatum der Patient*innen
Name und Anschrift, wohin die 3 benötigten Röhrchen fĂŒr die Blutabnahme geschickt werden sollen
Information zur Blutabnahme: Nach Abnahme bitte 10x schwenken und bei Raumtemperatur lagern bis die Röhrchen von der von uns beauftragten Firma abgeholt werden - Sie erhalten 3 benötigte Dokumente (Datenblatt, EinverstÀndniserklÀrung und Untersuchungsauftrag per E-Mail- diese bitte ausdrucken.
- BefĂŒllen Sie das Datenblatt, lassen Sie die EinverstĂ€ndniserklĂ€rung von der*dem Patient*in unterschreiben und kreuzen Sie am Untersuchungsauftrag fĂŒr die Humangenetik folgendes an: AVENIO ctDNA Expanded Kit (Roche) - 77 Gene (192 kb); Genomweites Kopienzahlprofil (sWGS, shallow whole genome sequencing) und bei Fokus Analyse aus Panel: ESR1 Testung.
- Wichtig: Im grĂŒnen KĂ€stchen soll die*der Patient*in die Tickbox ankreuzen, wenn sie NICHT ĂŒber etwaige KeimbahnverĂ€nderungen informiert werden soll. In diesem Fall muss die*der Patient*in auch unterschreiben. Bitte datieren und unterschreiben Sie den Untersuchungsauftrag ebenso.
- Geben Sie bitte per E-Mail an esr1@medunigraz.at bekannt, wann das Blut abgenommen wird, damit eine Abholung von uns organisiert werden kann.
- Bitte lassen Sie die 10x geschwenkten Blutröhrchen in ein Luftpolsterkuvert verpacken und kennzeichnen Sie das Kuvert mit ,,NICHT KĂHLENâ.
- Die Röhrchen werden inkl. den 3 ausgefĂŒllten Dokumenten von einer Firma abgeholt.
Nach erfolgter Untersuchung erhalten Sie den Tumorboardbeschluss per E-Mail.