Gratis RSV-Immunisierung

Pressemitteilung

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein Atemwegsvirus, das saisonal in Herbst und Winter auftritt und zwei von drei Babys noch vor ihrem ersten Geburtstag infiziert. Vor allem im SĂ€uglingsalter ist eine Infektion mit dem RSV hĂ€ufiger bedrohlich. Immer wieder kommt es zu schweren VerlĂ€ufen mit Symptomen von TrinkschwĂ€che bis hin zu schwerer Atemnot. In Österreich mĂŒssen pro Jahr rund 1.100 Kinder aufgrund einer RSV-Erkrankung im Spital behandelt werden. Schutz bietet eine passive Immunisierung, die in Österreich seit Dezember 2024 fĂŒr alle Neugeborenen empfohlen und kostenlos im nationalen Impfplan enthalten ist. Am Uniklinikum Graz werden Babys seit Anfang Oktober unmittelbar auf den Wochenbett- und Neugeborenenstationen – und damit noch vor der Entlassung nach Hause – immunisiert. Die erste Lebenswoche gilt als idealer Impfzeitpunkt fĂŒr Kinder, die in der RSV-Saison geboren sind.

„Wir haben dieses Jahr schon zu Beginn der Saison genug Impfstoff, um die Immunisierung fĂŒr alle Neugeborenen anbieten zu können“, sagt Dr.in Dr.in Anna Scheuchenegger, FachĂ€rztin fĂŒr Kinder- und Jugendheilkunde an der Klinischen Abteilung fĂŒr Neonatologie am Uniklinikum Graz. „Letztes Jahr hatten wir noch mit LieferengpĂ€ssen zu kĂ€mpfen und konnten erst ab 10. Dezember mit der Immunisierung starten. In der letzten Saison haben wir 1.062 Kinder immunisiert, wie Ass.-Prof. PD Dr. Dr. Schwaberger, der stv. Leiter meiner Abteilung, erhoben hat – und wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht: Die VertrĂ€glichkeit war sehr gut, es traten nur sehr milde und vorĂŒbergehende Reaktionen auf, etwa an der Einstichstelle.“ Das zeigen auch die internationalen Daten: Weltweit sind bereits mehr als 8 Mio. Dosen verabreicht worden, 300.000 allein im Rahmen von Studien, und es hat keine wesentlichen Komplikationen gegeben.

Risiko im ersten halben Lebensjahr besonders hoch

Besonders gefĂ€hrdet durch eine RSV-Infektion sind SĂ€uglinge in den ersten Lebensmonaten. „Das Risiko fĂŒr einen schweren Verlauf ist im ersten halben Lebensjahr besonders hoch“, betont Dr.in Dr.in Anna Scheuchenegger. Daher sei es wichtig, dass die Immunisierung von in der RSV-Saison geborenen Babys „gleich in den ersten Lebenstagen“ erfolgt. Kinder mit erhöhtem Risiko, etwa mit Herz- oder Lungenerkrankungen, erhalten die Immunisierung auch vor ihrer zweiten RSV-Saison.

RSV kann eine EntzĂŒndung der kleinsten Atemwege, eine sogenannte Bronchiolitis, verursachen. Diese kann zu TrinkschwĂ€che und Atemnot fĂŒhren und in schweren FĂ€llen eine intensivmedizinische Behandlung notwendig machen. In LĂ€ndern mit weniger gutem Gesundheitssystem endet eine solche Infektion nicht selten tödlich. Weltweit sterben pro Jahr rund 26.000 hospitalisierte Kinder unter fĂŒnf Jahren an einer Infektion mit RSV, die sich bei Ă€lteren Kindern und Erwachsenen normalerweise als banaler, harmloser Schnupfen zeigt.

Antikörper-Gabe ist wirksam, gut vertrÀglich und bietet sofortigen Schutz

Die RSV-Immunisierung ist keine klassische Impfung, sondern eine passive Immunisierung. „Das Immunsystem des Babys wird dabei nicht angeregt, wir verabreichen direkt die Antikörper. Der Schutz ist damit sofort gegeben“, erklĂ€rt Scheuchenegger. Die KinderĂ€rztin weiß um die Ängste und das SchutzbedĂŒrfnis vieler Eltern, besonders von kleinen FrĂŒhgeborenen, die ohnehin schon viel mitgemacht haben. „Deshalb ist es so wichtig, Eltern gut aufzuklĂ€ren und ihnen deutlich zu machen, wovor wir schĂŒtzen: vor einer schweren Infektion, die sonst einen Krankenhausaufenthalt mit Infusionen, AtemunterstĂŒtzung und zahlreichen Untersuchungen nötig machen könnte – das wĂ€re fĂŒr das Kind weit belastender als die Immunisierung selbst.“

Viele Eltern reagieren zunĂ€chst zurĂŒckhaltend, wenn die Immunisierung schon in den ersten Lebenstagen erfolgt. „Gerade nach der Geburt ist das SchutzbedĂŒrfnis groß – viele fragen sich, ob der kleine Körper das schon verkraftet. Da ist AufklĂ€rung entscheidend, denn je jĂŒnger das Kind ist, desto wichtiger ist der Schutz“, sagt Scheuchenegger.

„Der Gedanke, dass das Immunsystem von Babys zu schwach fĂŒr Immunisierungen sei, ist ein weitverbreiteter Mythos“, erklĂ€rt Scheuchenegger. „Auch SĂ€uglinge können auf viele Impfstoffe schon frĂŒh angemessen und schĂŒtzend reagieren. Gerade weil ihr Immunsystem noch reift und sie gegenĂŒber bestimmten Krankheitserregern besonders verwundbar sind, ist es wichtig, altersgerecht zu impfen. NatĂŒrlich werden die Impfzeitpunkte so gewĂ€hlt, dass sie dem Entwicklungsstand des Immunsystems entsprechen – Lebendimpfstoffe etwa erst zu einem spĂ€teren Zeitpunkt.“

Bis 2024 musste die Immunisierung ĂŒbrigens monatlich verabreicht werden und war ausschließlich fĂŒr sogenannte Risikokinder zugelassen und verfĂŒgbar – also fĂŒr FrĂŒhgeborene oder Kinder mit Herz-, Lungen- oder genetischen Erkrankungen. „Das ist jetzt anders: Seit letztem Jahr ist die Immunisierung mit einem verbesserten Antikörper Teil des Gratis-Impfplans und steht allen Neugeborenen zur VerfĂŒgung“, so Scheuchenegger.

Beeindruckende Erfolge in Modellregionen und in Österreich

In internationalen Modellregionen, in denen die Immunisierung allen Kindern zur VerfĂŒgung gestellt wurde, zeigte sich ein beeindruckender Effekt: deutlich weniger Infektionen, Hospitalisierungen und schwere VerlĂ€ufe. „Letzte Saison hatten wir den Eindruck, dass dieser Effekt auch am Uniklinikum zu beobachten war.“

Internationale Studien belegen Schutzwirkungen zwischen 70 und 90 Prozent vor schweren KrankheitsverlÀufen. Zwar kann keine Impfung einen vollstÀndigen Schutz vor Infektion gewÀhrleisten, doch sie reduziert das Risiko schwerer VerlÀufe erheblich und trÀgt somit entscheidend zum Schutz von SÀuglingen bei.

„Als Mutter oder Vater wĂŒrde es mich beruhigen, wenn ich weiß, dass ich alles getan habe, um mein Kind bestmöglich zu schĂŒtzen“, sagt Scheuchenegger. Der kleine Pieks bietet damit zuverlĂ€ssigen Schutz fĂŒr eine ganze Virensaison.

RSV ist ĂŒbrigens eine Tröpfcheninfektion, die sich Ă€hnlich wie Influenza oder COVID-19 ĂŒber Husten, Niesen oder kontaminierte HĂ€nde ĂŒbertrĂ€gt. Da es keine kausale Therapie gibt, können betroffene Kinder nur unterstĂŒtzend behandelt werden – mit FlĂŒssigkeitszufuhr, Atemhilfe oder im Extremfall Beatmung. „Dass die Immunisierung jetzt kostenlos allen Kindern zur VerfĂŒgung steht, ist ein großer Fortschritt“, sagt Scheuchenegger. „Vor zwei Jahren musste man sie noch privat besorgen – damals kostete eine Dosis rund 1.300 Euro. Jetzt können wir alle Babys schĂŒtzen.“

Fazit: Die RSV-Immunisierung ist sicher und schĂŒtzt Babys vor schweren RSV-Erkrankungen in ihrer ersten Herbst-/Winter-Saison. Sie steht allen SĂ€uglingen und Neugeborenen im Rahmen des kostenfreien Impfprogrammes zur VerfĂŒgung und wird am Uniklinikum Graz fĂŒr alle Neugeborenen in den ersten Lebenstagen angeboten.

Portalambulanz öffnet am 1. November und entlastet Kinderklinik

Apropos: Seit 1. November 2025 steht an Wochenenden wieder eine eigene vor dem Kinderzentrum eingerichtete Portalambulanz zur Versorgung der jungen Patient*innen am Uniklinikum zur VerfĂŒgung. Die Portalambulanz, die heuer zum dritten Mal an den Start geht, ist mit niedergelassenen Kinder- und JugendfachĂ€rzt*innen besetzt und dient dazu, die Ambulanz der Univ.-Klinik fĂŒr Kinder- und Jugendheilkunde in der Virussaison zu entlasten.

RSV und RSV-Prophylaxe: Zahlen und Fakten

Das nationale Impfgremium empfiehlt allen Neugeborenen und SĂ€uglingen in ihrer ersten RSV-Saison eine einmalige RSV-Immunisierung. Der Zeitpunkt der RSV-Immunisierung ist abhĂ€ngig vom Geburtsmonat. FĂŒr alle Babys, die in den Monaten April bis September geboren sind, empfiehlt das nationale Impfgremium die RSV-Prophylaxe im Herbst vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison bei der niedergelassenen KinderfachĂ€rztin, dem niedergelassenen Kinderfacharzt. Neugeborene, die wĂ€hrend der RSV-Saison (von Oktober bis einschließlich MĂ€rz) geboren werden, sollen die RSV-Immunisierung möglichst rasch nach der Geburt bekommen – idealerweise vor der Entlassung aus der Geburtseinrichtung.

Die Immunisierung gegen RSV ist grundsĂ€tzlich bis zum vollendeten 1. Lebensjahr bzw. wĂ€hrend der ersten RSV-Saison allgemein empfohlen und schĂŒtzt vor einem schweren Krankheitsverlauf. FĂŒr Kinder mit erhöhtem Risiko ist eine zweite Immunisierung auch im 2. Lebensjahr empfohlen.

Eine versÀumte RSV-Immunisierung soll schnellstmöglich innerhalb der ersten RSV-Saison nachgeholt werden.

Die RSV-Immunisierung erfolgt in Form einer passiven Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern. Im Gegensatz zur aktiven Immunisierung bleibt bei der passiven Immunisierung das Immunsystem passiv. Durch die Gabe von Antikörpern muss der Körper diese nicht erst selbst herstellen. Die Immunisierung bietet einen sofortigen Schutz vor schweren RSV-bedingten Erkrankungen. Die Schutzwirkung hĂ€lt in der Regel ĂŒber eine gesamte RSV-Saison an.

In den ersten sechs Lebensmonaten sind Kinder besonders gefĂ€hrdet, schwer an RSV zu erkranken. Etwa 80 Prozent der schweren RSV-Infektionen treten bei zuvor gesunden SĂ€uglingen auf. Durchschnittlich verlĂ€uft die Infektion bei einem von 500 – zuvor völlig gesunden – hospitalisierten Kindern sogar tödlich.

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Pressestelle des LKH-Univ. Klinikum Graz
Mag. Simone Pfandl-Pichler
Auenbruggerplatz 1, 8036 Graz

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