Mehr Zeit zu zweit

Pressemitteilung

Mehr als 430 Babys sind seit 13. MĂ€rz 2020 an der Univ.-Klinik fĂŒr Frauenheilkunde und Geburtshilfe des LKH-Univ. Klinikum Graz auf die Welt gekommen. Die Tage nach der Geburt verleben die frischgebackenen MĂŒtter mit ihren Sprösslingen seither in trauter Zweisamkeit, denn Besuche dĂŒrfen erst zuhause wieder empfangen werden. Auf der Station Geburtshilfe 2 kehrte damit eine Ruhe ein, die bis heute dafĂŒr sorgt, dass sich die Wöchnerinnen schneller erholen, dass das Stillen besser funktioniert und dass auch die Babys ausgeglichener sind. VĂ€ter sind im Kreißsaal herzlich willkommen. (08. Mai 2020)

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Corona stellt bekanntermaßen seit Wochen alles auf den Kopf. Nicht einmal die sprichwörtliche Kehrseite der Medaille bleibt davon verschont. Entgegen ihres sonstigen Wesens fördert sie nun aber in gewissen Bereichen Positives zutage. Das zeigt der Blick auf die Station der Klin. Abt. fĂŒr Geburtshilfe der Univ.-Klinik fĂŒr Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Denn das dortige Besuchsverbot, das auf Außenstehende bedrĂŒckend wirken mag, hat sich fĂŒr die frischgebackenen MĂŒtter und deren Nachwuchs als wahres Geschenk entpuppt: als Geschenk der Zweisamkeit. „Weil niemand kommt, können sich die Frauen auf sich und auf ihr Baby konzentrieren. Wie wir feststellen konnten, wirkt diese Ruhe auch positiv auf die Erholungsphase der Wöchnerinnen nach der Geburt und stĂ€rkt die Bindung zum Kind“, erklĂ€rt Abteilungsleiter Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schöll.

SL Angelika Kronabitter-Benesch vermittelt alles ĂŒber Babypflege │ ©Marija Kanizaj / LKH-Univ. Klinikum Graz

„Es lĂ€uft alles ruhiger ab“, betont zudem Angelika Kronabitter-Benesch, Stationsleitung auf der Station Geburtshilfe 2. „Einfach, weil sich die Frauen jetzt auch tagsĂŒber ausschlafen können oder Behandlungen nicht aufschieben mĂŒssen, weil grad die Tante daneben sitzt oder die Zimmernachbarin von ihrer Freundin samt Kindern besucht wird“, fĂ€hrt sie fort. Man dĂŒrfe ja nicht vergessen, dass viele der Behandlungen den Intimbereich der Frauen betreffen wĂŒrden und undurchfĂŒhrbar seien, wenn Besuch da ist. Eine weitere positive Auswirkung: Auch die Babys sind entspannter und schlafen in der Nacht besser. „Das fĂ€llt im Nachtdienst auf. Wir haben dadurch auch mehr Zeit, uns um die NeuzugĂ€nge zu kĂŒmmern“, so Kronabitter-Benesch.

Stressfreier Aufenthalt

Die Ruhe hat auch Andrea Hrastnik, die ihren Valentin am 20. April zur Welt gebracht hat, genossen. „Seinen Bruder habe ich 2017 ebenfalls hier bekommen. Der Unterschied zu damals war enorm. Es hat so gutgetan, 24 Stunden fĂŒr den Kleinen Zeit zu haben“, so die Steirerin. Außerdem fĂŒhle man sich viel freier, wenn kein Besuch komme. Egal ob’s der eigene oder der der Zimmernachbarin sei. „Beim Großen hab‘ ich z. B. sofort Leggins angezogen, um allzeit bereit fĂŒr Besuch zu sein. Jetzt hab‘ ich das Nachthemd die ganze Zeit ĂŒber anbehalten. Alles war herrlich stresslos. Wir Frauen waren ja unter uns, sonst gab’s das Krankenhauspersonal, das sich wunderbar um uns gekĂŒmmert hat. Vielen Dank nochmals dafĂŒr!“

Ein Lob, das Pflege und Ärzte gleichermaßen freut. „Auch wir genießen es, mehr Zeit fĂŒr unsere Frauen zu haben, denn dadurch können wir unsere Philosophie noch intensiver in unseren Alltag einfließen lassen“, sagt Kronabitter-Benesch. Es gehe darum, den Frauen Sicherheit zu geben, ihr Vertrauen in sich selbst zu stĂ€rken, das Wissen zur Babypflege zu vermitteln und die Freude ĂŒber das Neugeborene zum Vorschein zu bringen. Denn leider gebe es Frauen, die diese Freude nicht zulassen.

Eine der grĂ¶ĂŸten Wochenbettstationen in Österreich

Derzeit verbringen die frischgebackenen MĂŒtter nach einer Spontangeburt durchschnittlich drei Tage und nach einem Kaiserschnitt durchschnittlich vier Tage auf einer der grĂ¶ĂŸten Wochenbettstationen Österreichs. Die Regelung, dass Besucher nicht auf die Stationen kommen dĂŒrfen, gilt seit 13. MĂ€rz 2020. Seither kamen ĂŒber 430 Babys auf der Univ.-Klinik fĂŒr Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur Welt.

Eines davon ist auch Felix. Das Besuchsverbot hat fĂŒr ihn und seine Mama zudem bedeutet, dass die beiden großen Geschwister nicht ins Krankenhaus kommen durften. „Aber das war ĂŒberhaupt kein Problem. Ich liebe meine Kinder natĂŒrlich ĂŒber alles, aber erstens hatten sie seit Monaten auf Felix gewartet, da kam‘s auf die paar Tage auch nicht mehr an, zweitens sind sie ja vom Papa bestens versorgt worden und drittens hat mich Felix so fĂŒr sich allein gehabt“, sagt Mama Katrin Reitbauer. „Es mag egoistisch klingen, aber ich fand’s toll. So ruhig wird’s nie mehr werden“, schmunzelt sie. Auch die Mama des kleinen Bilal, der am 22. April geboren wurde, pflichtet ihr bei. Sie weist zudem darauf hin, dass auch der belastende Trennungsschmerz ausbleibe, wenn die Geschwister nicht ins Spital kommen wĂŒrden. „Und außerdem muss man nie unhöflich sein und einen Besuch bitten, zu gehen, weil es einem zu viel geworden ist.“

Ihre VĂ€ter haben Felix und Bilal aber sehr wohl gleich nach der Geburt kennengelernt. Beide Papas waren im Kreißsaal dabei. „Die VĂ€ter sind ungeheuer wichtig. Sie sind eine unglaubliche UnterstĂŒtzung fĂŒr die Frauen“, betont Kronabitter-Benesch mit Nachdruck. Derzeit dĂŒrfen die VĂ€ter/Partner aufgrund des Besuchsverbots noch nicht mit auf die Station – was sich aber in Zukunft sicher bald Ă€ndern wird.

Studie zum Thema

DGKP Angelika Kronabitter-Benesch, Stationsleitung auf der Station Geburtshilfe 2 und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schöll, Leiter der Klinischen. Abteilung fĂŒr Geburtshilfe ©LKH-Univ. Klinikum Graz/Marija Kanizaj

Aufgrund der aktuellen Situation fiel mit 1. April 2020 auch der Startschuss fĂŒr eine Studie zum Thema „Geburtserlebnis in der Coronakrise“. „Mithilfe standardisierter Fragebögen sollen u. a. die Auswirkungen der Situation auf die Wöchnerinnen dokumentiert werden“, erklĂ€rt Univ.-Prof. Dr. Schöll. Das Ergebnis soll so rasch wie möglich publiziert werden.

Ob dieses dann Auswirkungen auf den Stationsalltag haben wird, lĂ€sst sich derzeit freilich nicht sagen. Andrea Hrastnik scheut sich nicht davor, schon jetzt einen Vorschlag zu machen: „Ich wĂŒrde die Besuchszeit auf eine Stunde pro Tag beschrĂ€nken. Ich weiß natĂŒrlich, dass das fĂŒr viele schwer vorstellbar ist, aber ich kann Ihnen sagen, dass so eine BeschrĂ€nkung absolut im Sinne der MĂŒtter und der Babys ist!“

FĂŒr keine der befragten Frauen wĂ€re es ĂŒbrigens eine Option gewesen, das Baby wegen Corona zuhause auf die Welt zu bringen. „Die Betreuung in der Frauenklinik ist großartig, man ist rundum bestens versorgt und hat besagte Zeit zu zweit“, sind sich die drei einig. Last, but not least kommt man dann ganz entspannt nach Hause und hat umso mehr Energie fĂŒr all die lieben Menschen, die einen dann besuchen kommen.

Kontakt

Pressestelle des LKH-Univ. Klinikum Graz
Mag. Simone Pfandl-Pichler
Auenbruggerplatz 1, 8036 Graz

Telefon: +43 316 385-87791
Fax: +43 316 385-16942

simone.pichler@uniklinikum.kages.at

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